In ihrem jüngsten Blogbeitrag hatte die DWG eG über den erneuten Versuch der Bundesregierung berichtet, ein „Gesetz zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform“ auf den Weg durch den parlamentarischen Gesetzgebungsprozess zu bringen. Wie in diesem dargelegt, begrüßt die Genossenschaft die Zielrichtung dieses Gesetzesvorhabens und befürwortet die vorgesehenen Änderungen in ihrer Gesamtheit. In einem Punkt hat man in Großwallstadt jedoch Vorbehalte. Worauf sich diese beziehen und auf welchen Erfahrungen aus der Praxis sie basieren, soll im Folgenden näher dargelegt werden.
Geplante Ergänzung zum § 15b Absatz 2 GenG
Der Punkt, den die DWG eG kritisiert, ist die geplante Neufassung des § 15b Absatz 2 des Genossenschaftsgesetzes (GenG), in dem es um die Beteiligung der Mitglieder mit weiteren Geschäftsanteilen über die Pflichtbeteiligung hinaus geht. Dieser soll künftig folgende neue Regelung beinhalten:
„Ein Mitglied, das nicht als Unternehmer im Sinne des § 14 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Mitglied ist, kann der Genossenschaft keine Vollmacht zur Zeichnung weiterer Geschäftsanteile erteilen.“
Die vorgesehene Ergänzung zielt auf eine Einschränkung der Vollmachtserteilung durch Mitglieder ab, die nicht als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB handeln. Diese Regelung soll vermutlich unseriösen Anlagegenossenschaften ihr Geschäftsmodell erschweren, da das Erteilen von Vollmachten zur Anmeldung von freiwilligen Geschäftsanteilen bei unseriösen Kapitalanlagegenossenschaften gängige Praxis zu sein scheint. Zwar ist diese Intention nachvollziehbar und definitiv geboten, die gewählte Maßnahme ist aus Sicht der DWG eG jedoch unverhältnismäßig und verfehlt ihr Ziel.
Zur Unterscheidung zwischen Pflichtanteilen und freiwilligen Geschäftsanteilen
Jede Genossenschaft kann entscheiden, wie hoch die Beteiligung der Mitglieder sein soll. Dabei gibt es eine Mindestbeteiligung, also eine gewisse Anzahl an Pflichtanteilen, die gezeichnet werden müssen. Jedes Mitglied kann sich darüber hinaus aber auch mit höheren Beträgen beteiligen, bei diesen handelt es sich dann um „weitere“ oder „freiwillige“ Geschäftsanteile. Anders als Pflichtanteile (die jeder bei Eintritt zeichnen muss), beruhen freiwillige Anteile also auf der Initiative des Mitglieds. Wer mehr beitragen will, kann das tun – muss es aber nicht.
Wie die DWG eG hervorhebt, vergrößern derartige freiwillige Anteile nicht den Einfluss des Mitglieds etwa bei Abstimmungen im Rahmen der Generalversammlung. Denn bei einer Genossenschaft hat jede Person in der Regel nur eine Stimme, unabhängig von der Anzahl der Anteile.
Freiwillige Geschäftsanteile haben darüber hinaus weitere Vorteile, darunter
- kürzere Kündigungsfristen,
- mehr Flexibilität,
- begrenztere Haftung.
Mitglieder, die diese zusätzliche Beteiligung nicht auf einen freiwilligen Anteil beschränken möchten, können der Genossenschaft eine Vollmacht zur Anmeldung von mehreren weiteren Geschäftsanteilen geben.
Den Erfahrungen der DWG eG zufolge ist diese Praxis insbesondere bei Wohnungsgenossenschaften vielfach gelebte Realität. Sie findet sogar ausdrückliche Förderung durch Instrumente wie das Vermögensbildungsgesetz (VermBG) und die Wohnungsbauprämie (WoP).
Warnung der DWG eG
Die zahlreichen Vorteile freiwilliger Geschäftsanteile würden durch die neue Regelung eingeschränkt. Zwar ist der Grund für die neue Regelung, nämlich die Tatsache, dass einige unseriöse Genossenschaften mit Vollmachten zur Anmeldung von weiteren Geschäftsanteilen arbeiten, durchaus legitim. Jedoch ist keineswegs jede Genossenschaft, die Vollmachten zur Anmeldung von Geschäftsanteilen nutzt, unseriös. Trotzdem würden auch diese seriösen Genossenschaften durch diese neue Bestimmung eingeschränkt.
Darüber hinaus möchte die DWG eG ausdrücklich vor unbeabsichtigten Folgen der Änderung warnen: Um die Regelung zu umgehen, könnten unseriöse Anbieter auf höhere Pflichtbeteiligungen oder eine Erhöhung des Nennbetrags der einzelnen Geschäftsanteile ausweichen. Dies würde das Haftungsrisiko für Mitglieder im Insolvenzfall signifikant erhöhen, insbesondere bei ratenweiser Einzahlung auf Geschäftsanteile, zumal die genannten Vorteile von freiwilligen Geschäftsanteilen verloren gingen.
Vorschlag der Genossenschaft aus Großwallstadt
Aus Sicht der DWG eG ist es wichtig festzuhalten, dass einigen wenigen unseriösen Genossenschaften eine überwiegende Mehrheit gegenübersteht, die seriös arbeitet und nicht durch Gesetzesänderungen mit einem unverhältnismäßigen Umstrukturierungsaufwand belastet werden sollte.
In Großwallstadt schlägt man daher folgende Alternativen vor:
- Vollmachten sollten nur für klar definierte Höchstbeträge gelten dürfen.
- Die Vollmachtserteilung muss in der Beitrittserklärung besonders hervorgehoben werden.
- Der Widerruf der Vollmacht muss niedrigschwellig möglich sein (z. B. per E-Mail oder über ein Webformular).